Power faktor = 1

Power Factor Correction in industriellen Stromversorgungen

Elektrische Verbraucher in Wechselstromnetzen werden oft durch ihren Leistungsfaktor (Power Factor, PF) charakterisiert. Dieser gibt das Verhältnis von wirksamer Leistung zur scheinbaren Leistung an und liegt idealerweise bei 1 (oder 100%). Ein PF von 1 tritt auf, wenn Strom und Spannung exakt sinusförmig und in Phase sind. In diesem Fall fließt keine Blindleistung, und es treten keine Oberschwingungen auf. Sobald jedoch eine Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung besteht (z.B. durch induktive oder kapazitive Lasten), oder der Strom keinem Sinusverlauf folgt (wie bei nichtlinearen Lasten), sinkt der Leistungsfaktor. Er lässt sich in solchen Fällen als Produkt aus einem Phasenverschiebungsfaktor (cos φ, bei rein sinusförmigen Größen) und einem Verzerrungsfaktor angeben. Letzterer berücksichtigt die Verzerrungen durch Oberschwingungen (harmonische Ströme).

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Was ist Power Factor Correction?

Power Factor Correction (PFC) ist die gezielte Regelung des Stromflusses in einem Gerät, sodass dieser phasengleich und sinusförmig zur Netzspannung verläuft. Ziel ist es, den Leistungsfaktor nahe 1 zu bringen – also nahezu die gesamte entnommene Energie effektiv in Nutzleistung umzuwandeln, ohne das Netz durch Blindleistung oder Oberschwingungen zu belasten.

Warum das wichtig ist:
Ein schlechter Leistungsfaktor bedeutet unnötig hohe Stromaufnahme, überhitzte Leitungen, schlechtere Netzqualität und eine Verletzung gesetzlicher EMV-Grenzwerte. Moderne Geräte – insbesondere Netzteile – sind daher mit PFC ausgestattet, um diese Probleme zu vermeiden.

Spannung und Strom in Phase - Powerfaktor = 1
Spannung und Strom in Phase - Powerfactor = 1

Und Stromaufnahme ohne Power Factor Correction?

Diese Darstellung zeigt typische Spannungs- und Stromverläufe eines Netzteils ohne aktive PFC:

  • Schwarz: Netzspannung (sinusförmig, ±325 V)
  • Grün gestrichelt: gleichgerichtete Eingangsspannung
  • Rot: Kondensatorspannung, die langsam entladen wird
  • Blau: Ladestrom – tritt nur impulsartig auf, wenn die Netzspannung größer als die Kondensatorspannung ist

Der Stromfluss erfolgt nur an den Scheiteln der Netzspannung – das erzeugt hohe Oberschwingungen und einen schlechten Leistungsfaktor (PF ~ 0,6–0,7).

Verzerrter Stromverlauf vs. sinusförmiger Strom mit PFC
Stromaufnahme bei ungeregeltem Gleichrichter mit Glättungskondensator

Technische Kurzformel für den Leistungsfaktor:

Schein- Wirk- und Blindleistung Dreieck
Schein- Wirk- und Blindleistung Dreieck
Technische Kurzformel für Leistungsfaktor:

Wie funktioniert Power Factor Correction (PFC)?

PFC-Schaltungen formen den Stromfluss eines Geräts so, dass er phasengleich und möglichst sinusförmig zur Netzspannung verläuft. Ziel ist es, dass das Gerät aus Sicht des Stromnetzes wie ein idealer ohmscher Verbraucher erscheint – also ein Leistungsfaktor (PF) nahe 1 erreicht wird.

Topologie mit PFC
PFC Boost-Converter

Physikalisches Prinzip: Boost-Converter hinter dem Gleichrichter

Die Standardtopologie für aktive PFC bei einphasigen Netzteilen ist ein Boost-Konverter:

  • Der Wechselstrom (AC) wird gleichgerichtet.
  • Der resultierende DC-Spannungsverlauf (z. B. 100–325 V) wird über eine Spule (Induktivität), einen Schalttransistor und eine Diode auf eine stabile Zwischenkreisspannung (typ. 380–420 V) „hochgepumpt“.
  • Durch zyklisches Ein- und Ausschalten des Transistors (PWM, 50–150 kHz) wird der Stromfluss geformt.

Kernidee: Die Ansteuerung des Schalttransistors erfolgt nicht mit festem Tastverhältnis, sondern wird so moduliert, dass der momentane Eingangsstrom proportional zur momentanen Netzspannung ist:

Dadurch ergibt sich ein Stromverlauf, der – nach Gleichrichtung – der positiven Halbwelle eines Sinus folgt. Der Stromverlauf ist somit in Phase mit der Spannung und sinusförmig (THD ↓)

PFC wird typischerweise mit einem zweistufigen Regelkonzept betrieben:

Stromregelkreis (innerer Loop):

  • Ziel: Der momentane Strom folgt dem vorgegebenen Referenzstrom.
  • Der Referenzstrom ergibt sich aus der aktuellen Netzspannung und der gewünschten Leistungsaufnahme.
  • Der Regler (typisch PI) justiert den PWM-Tastgrad D(t), auch duty cycle genannt, um die Drossel so aufzuladen, dass der Eingangsstrom dem Referenzsignal folgt.

Der Regler passt den Tastgrad D(t) so an, dass der Eingangsstrom dem Sollwert iref folgt:
Mehr Strom nötig? → längeres Einschalten → D(t)↑
Zu viel Strom? → kürzeres Einschalten → D(t)↓

Spannungsregelkreis (äußerer Loop):

  • Ziel: Halten der Zwischenkreisspannung Vout ≈ 400 V
  • Der Spannungsregler bestimmt die gewünschte Leistung (Stromamplitude), die aus dem Netz gezogen werden soll.
  • Daraus wird der Skalierungsfaktor k für den Referenzstrom berechnet.

Durch die Kombination beider Schleifen entsteht ein stabiler Betrieb mit sauberem Netzstrom und konstanter Ausgangsspannung.

 

Hinweis zur Formel:
In dieser Gleichung beschreibt uin(t) die zeitabhängige Eingangsspannung (z. B. sinusförmig), während Vin(t) ein normierender Spannungssignalverlauf ist. So wird sichergestellt, dass der Stromsollwert immer proportional zur aktuellen Netzspannung ist – unabhängig vom Pegel.

Betriebsmodi: CCM, DCM, Boundary Mode

Je nach Leistungsklasse und Designziel kommen unterschiedliche Betriebsmodi zum Einsatz:

Modus
Stromfluss
Vorteile
Nachteile
CCM (Continuous)
Strom bleibt ≥ 0
geringe Stromspitzen, hohe Effizienz
komplexere Regelung, große Drossel
DCM (Discontinuous)
Strom fällt pro Zyklus auf 0
kleinere Spule, einfache Schaltung
höhere Spitzenströme, mehr EMV
Boundary Mode (CRM)
Umschaltung bei iL= 0
gutes Kompromissverhalten
variable Schaltfrequenz, EMV-Beachtung

Die Wahl zwischen CCM, DCM und CRM hängt stark von der Leistungsklasse, den Kostenanforderungen, der EMV-Strategie und der gewünschten Regelpräzision ab:

DCM (discontinuous conduction mode)  wird oft in sehr kompakten Geräten mit niedriger bis mittlerer Leistung (z. B. LED-Treiber <150 W) eingesetzt, da die Spulen kleiner ausfallen und die Schaltung einfach bleibt – auf Kosten höherer Oberschwingungen und schlechterem PF im unteren Lastbereich.

CRM  oder Boundary Mode eignet sich ideal für Leistungen zwischen ca. 100 W und 400 W, da er einen guten Kompromiss zwischen Bauteilgröße, Schaltverlusten und Stromqualität bietet. Viele kostengünstige PFC-Controller arbeiten in diesem Modus.

CCM (continuous conduction mode) wird bei höheren Leistungen >400–500 W bevorzugt, z. B. in Industrieantrieben oder Servernetzteilen. Hier ermöglicht der kontinuierliche Stromfluss eine sehr gute Regelbarkeit, niedrige EMV-Emissionen und hohe Effizienz – allerdings mit größerem Designaufwand und höherwertigen Bauteilen.

Analoge oder digitale Regelung in PFC-Schaltungen?

Die Entscheidung zwischen analoger und digitaler Regelung in PFC-Schaltungen hängt wesentlich von Leistungsklasse, Systemintegration, Flexibilitätsanforderungen und Regelstrategien ab.

Aspekt
Analog
Digital
Regelstruktur
feste IC-Topologie (z. B. L6562)
programmierbar (DSP, MCU, FPGA)
Flexibilität
begrenzt
hoch (z. B. anpassbare Schleifen, Kommunikation)
Anpassbarkeit
Bauteiländerung nötig
Firmwareupdate reicht
Aufwand
gering
höher (Entwicklung, Schutzmaßnahmen)
Performance
sehr gut
ebenso gut, mit zusätzlicher Funktionalität

Analoge PFC-Regelung wird bevorzugt in Standardanwendungen mit definiertem Betriebsprofil, typischerweise im Bereich von 75–600W, z. B. bei LED-Treibern, PC-Netzteilen oder kompakten Industriegeräten. Die Verwendung von bewährten ICs (z. B. UC3854, L6562) erlaubt eine robuste und kostenoptimierte Umsetzung. Die Reglerstruktur basiert auf kontinuierlicher Signalverarbeitung mit analogen Verstärkern und Komparatoren. Digitale PFC-Regelung findet ihren Einsatz insbesondere bei leistungsstärkeren Geräten (>500W) oder Anwendungen mit variablen Netzbedingungen bzw. höheren Systemanforderungen – etwa in Industrieantrieben, Ladeinfrastruktur, oder intelligenten Stromversorgungen. Der Vorteil liegt in der programmierbaren Architektur (z. B. mit DSP, ARM-MCU, FPGA), die eine flexible Realisierung der Schleifenregelung ermöglicht.

Digitale Regler erlauben die Implementierung fortgeschrittener Verfahren wie:

    • modellprädiktive Regelung (MPC),
    • nichtlineare PI-Anpassung bei Lasttransienten,
    • Phasen-Lead-Kompensation zur Reduktion von THD.

Mathematisches Modell (vereinfachte CCM-Boost-Gleichung):

Für einen Boost-Wandler im kontinuierlichen Betrieb ergibt sich folgendes Verhältnis von Ausgang zu Eingang:

  • D(t): PWM-Tastverhältnis (zeitabhängig!)
  • Über D(t) wird dynamisch die Stromform beeinflusst.

 

Zur präzisen Reglerauslegung wird das PFC-System um einen Arbeitspunkt analysiert – mithilfe sogenannter kleinsignaliger Linearisierung. Dabei entstehen lineare Übertragungsfunktionen, die zeigen, wie Strom, Spannung und Tastgrad zusammenwirken. Moderne digitale PFC-Regler nutzen diese Modelle sogar aktiv – z. B. zur Echtzeit-Optimierung, adaptiven Regelung oder prädiktiven Steuerung für maximale Effizienz und Netzqualität.

Welche typischen Herausforderungen ergeben sich aus Netzteilen mit PFC?

Wir lösen diese Herausforderungen mit maßgeschneiderter Entwicklung:

Modulare PFC-Stufen (analog/digital)
Individuelle Topologiewahl (Boost, Bridgeless, Interleaved oder auch Vienna für 3 Phasen)
DSP- oder MCU-basierte digitale Regelung inkl. Software-Entwicklung
Normprüfung & EMV-Design nach IEC 61000-3-2, 61000-3-12, IEEE 519
Anwendungsspezifische Sensorik, Schutz- und Diagnosefunktionen
Layout, Inbetriebnahme und Serienbetreuung aus einer Hand